Kollegiale Beratung International

auch auf LinkedIn

Heute war meine Session der kollegialen Fallberatung besonders international: Manager aus dem Iran, Georgien und der Ukraine. Der erste Fall zeigt, wie viel Vertrauen einige Teilnehmer, die zum wiederholten Mal teilnahmen, in die Alumni-Community des Manager-Fortbildungsprogramms bereits entwickelt haben: "Es geht um Korruption. Mein Unternehmen spezialisiert sich auf staatliche Aufträge. Und ich kann keinen von denen bekommen ohne Schmiergelder zu zahlen. Mir ist zuwider, dass ich dieses System unterstützen muss! Gleichzeitig weiß ich, dass ich auf diese Weise meinen Leuten gute Gehälter zahlen und neue Arbeitsplätze schaffen kann. Der private Sektor ist schwach entwickelt. Was kann ich tun, auch wenn ich weiß, dass ich dieses System nicht ändern kann?" fragt ein iranischer Geschäftsführer.
Für einen kurzen Augenblick denke ich: Oh Gott, ist der Fall überhaupt lösbar? Dann atme ich tief durch und vertraue auf die Schwarmintelligenz der Gruppe. 
Und in der Tat: Sofort meldet sich eine Geschäftsfrau aus Georgien. Sie könne es so gut nachvollziehen! Als sie noch ein kleines Mädchen war, war die Situation in Georgien als einer der korruptesten Republiken der damaligen Sowjetunion, sehr ähnlich. Sie berichtet nun von ihren Erfahrungen, wie es in Georgien nun gravierend anders geworden ist. Dann kommt ein Teilnehmer aus der Ukraine dazu, ein ehemaliger Geschäftsmann, der nun in den Staatsdienst gegangen ist, wie so viele ukrainische Geschäftsleute in den letzten Jahren nach dem Motto: "Wenn wir es nicht schaffen, unser Land besser zu machen - wer dann?" 
Wir führen noch zwei Brainstorming-Runden durch. Und können den Fall natürlich nicht in dem Sinne lösen, dass wir die iranische Korruption abschaffen. Aber die Einstellung des Einzelnen hat diese Session verändert: „Wir teilen so viele Gemeinsamkeiten", sagt der iranische Geschäftsmann zum Schluss. "Während der Arbeit an meinem Fall habe ich erkannt, dass es in anderen Ländern andere Optionen gibt. Ich habe viel Bestätigung für meine Gedanken bekommen. Und ich sehe nun, dass ich über die Grenzen des von Sanktionen geplagten Irans hinaus blicken kann. Das stimmt mich optimistisch."

28.10.2021